Nordbayerischer Kurier Samstag(Sonntag, 6./7. September 2003
Schon Opa und Oma saßen auf den Pferden
Seit mittlerweile 50 Jahren macht das Kirchweihkarussell der Familie Wild in Plech und Betzenstein schon Station
Seit mittlerweile 50 Jahren macht das Kirchweihkarussell der Familie Wild in Plech und Betzenstein schon Station
Sprichwörtlich mit Kind und Kegel verlegt die Schaustellerfamilie Wild mit Karussell, Schießbude, Losbude und Süßigkeiten-stand ihren Standort von der Plecher Kirwa in die Nachbarstadt, wo am kommenden Wochenende Kirwa gefeiert wird.Kaum zu glauben, aber diese Tradition gehört seit 50 Jahren ohne Unterbrechung zur Plecher und Betzensteiner Kirchweih. Wenn dann am Samstag und Sonntag die Kleinen ihre Runden auf den weißen, schwarzen oder braunen Pferden drehen, braucht sich also niemand zu wundern, wenn auch die Augen der Oma, des Opas oder der Eltern zu glänzen beginnen.
Nicht selten erinnern sie sich nämlich daran, selbst auch schon als stolze Reiter oder im Feuerwehrauto auf dem selben Karussell ihre Kreise gezogen zu haben. Nur die alte Lochkartenorgel, die viele Kinder und Erwachsene in den vergangenen Jahrzehnten beeindruckte, wurde mittlerweile durch ein
Seit genau 50 Jahren kommt die Schaustellerfamilie Wild zu den Kirchweihen in Plech und Betzenstein. Foto: Escher
modernes Gerät ersetzt.Wegen der imposanten Pferde hat das Karussell wohl von den alten Plechern den Namen "Reitschule" erhalten. Seniorchefin Inge Wild sitzt wie vor Jahren im Kassenhäuschen, um die Karussellchips zu verkaufen. Sie erinnert sich noch genau an die vielen Jahre. Die Eltern von Inge und Hans Wild hatten nach dem Krieg den Plecher Festplatz von dem damaligen Schausteller Brösammler übernornmen.Seitdem (also noch viel länger als das Karussell) gehören Inge und Hans Wild zur Plecher Kirchweih – selbst ständig mit einem eigenen Süßwarenstand seit 1948. Kurz danach kam die Schießbude und 1952 das eigene Karussell. Fast genau so lange übrigens besuchen die beiden die Betzensteiner Kirwa. Auch an das große Plecher Heimatfest 1957 kann sich Inge Wild noch gut erinnern, als die Schießbude "unten beim Uhrmacher" stand.In früheren Jahren waren die beiden Schausteller mit einem riesigen, von Hans Wild selbst gebauten Wohnwagen unterwegs. Die acht Meter lange und zweieinhalb Meter breite Luxuswohnung auf Rädern hatte vier Zimmer mit Bad. Heute kommt die Schaustellerfamilie (mittlerweile sind auch die zwei Kinder und fünf Enkel mit von der Partie) mit moderneren Wohnwagen oder Wohnmobilen.Während Hans Wild aus Tradition in das Schaustellergeschäft einstieg sein Vater und sein Großvater besaßen schon Karussells kam Inge Wild zufällig dazu. Ihre Eltern hatten eine Metzgerei, und ein Schausteller hatte beim Vater solch hohe Schulden, dass er nur noch sein Fahrgeschäft eine Gesellschaftsschwenke opfern konnte. Um das verlorene Geld wieder hereinzubekommen, entschloss sich der Metzger kurzerhand, auf große Fahrt zu gehen.Seine Familie nahm er dabei natürlich mit, und fünf seiner zehn Kinder unter ihnen auch Inge Wild kamen nicht mehr von der Faszination los. jedesmal freut sich Inge Wild, wenn ihr Karussell wieder die Runden dreht und die Kinder auf den Pferden ebenso glänzende Augen bekommen wie die zurückdenkenden Erwachsenen, die ihren Kleinen nachschauen